Unsere Kinder wachsen in einer modernen und schnelllebigen Zeit auf. Schon für die Kleinsten gehören manchmal Smartphones und Co. zum Alltag. Manche Eltern stellen sich da gerade mit Blick auf den Schulbeginn die Frage, ob eine Schultüte überhaupt noch zeitgemäß ist. Kinder stellen sich diese Frage erst gar nicht, denn es gibt nichts Schöneres als eine prall gefüllte Schultüte zum Schulanfang. Trotz aller technischen Highlights darf die traditionelle, klassische Schultüte oft nicht fehlen.
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Seit wann gibt es Schultüten?
Der Brauch, den Erstklässlern eine Schultüte zu schenken, stammt aus Deutschland. Damals hieß sie noch Zuckertüte, da vorwiegend Süßigkeiten in den spitzen oder pyramidenförmigen Tüten steckten. Erste Nachweise sind aus dem Jahre 1781 aus Sachsen und Thüringen bekannt. Bereits seit dem 19. Jahrhundert werden Schultüten an die Schüler der ersten Klasse in Deutschland verschenkt. Etwas später wanderte dieser Brauch auch nach Österreich. In der Schweiz ist diese Tradition nicht bekannt. Nur Kinder deutscher Einwanderer kamen mit einer Schultüte in die erste Klasse. Die Geschichte der Schultüte erläutert arte in diesem Video:
Selbstgebastelt oder gekauft?
Euer Kind ist etwas Einzigartiges – genauso einzigartig sollte auch seine Schultüte sein. In vielen Kindergärten wird oft im letzten Jahr die Schultüte gemeinsam und sogar mit den Eltern gebastelt. Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. Ihr wisst am besten, was euer Kind am meisten liebt. Sind es Einhörner, Fußbälle, Autos, Dinos oder Schmetterlinge? Die Tüte ist in der Lieblingsfarbe eures Kindes gestaltet und geschmückt mit seinen Lieblingsmotiven. Kein Kind vergisst jemals diese selbstgebastelte erste Schultüte. Laut Statista werden 24 Prozent der Schultüten selbst gebastelt. 61 Prozent kaufen eine fertige, befüllen sie aber selbst. Nur 15 Prozent der Eltern kaufen fertige, gefüllte Schultüten im Handel.
Schultüte ja oder nein?
Mit dem ersten Schuljahr beginnt für euer Kind ein neuer Lebensabschnitt und eine Schultüte ist ein wichtiges Symbol dafür. Kinder lieben diese bunten Tüten. Die Frage, ob eine Schultüte noch zeitgemäß ist, stellt sich daher für viele Eltern nicht. Vor allen Dingen, wenn es in eurer Gemeinde Brauch ist, die Kinder mit einer Schultüte in die erste Klasse zu schicken, solltet ihr es genauso machen. Wenn alle anderen Kinder eine Zuckertüte haben und euer Kind nicht, wird es enttäuscht sein und sich ausgegrenzt fühlen.
Was sollte in eine Schultüte?
Es kommt nicht darauf an, in die Schultüte besonders teure Sachen zu geben. Vielmehr sollen es sinnvolle Kleinigkeiten sein, die euer Kind überraschen – und natürlich leckere Süßigkeiten. Ein paar Schulsachen dürfen es ebenso sein wie besondere Stifte oder ein Federmäppchen mit dem Lieblingsmotiv eurer Kinder.
Wenn euer Kind gerne puzzelt, findet ihr bestimmt kleine Puzzles, die in eine Schultüte passen. Mit einem Freundebuch knüpft euer Kind sofort neue Kontakte in der Schule und die bunte Knete macht Spaß und fördert die Motorik. Auch wenn euer kleiner Schatz bereits ein Schulkind ist, liebt es vielleicht immer noch Kuscheltiere? Mädchen freuen sich über außergewöhnliche Haarspangen und Jungs über Trinkflaschen mit Dinos oder Fußbällen. Jojos, Flummies und Seifenblasen sind in diesem Alter noch aktuell und interessant.
Was kostet eine Schultüte?
Für den Kauf einer Schultüte samt Inhalt gibt es keine verlässliche Antwort. Während einige Eltern hochpreisige Sachen in die Schultüte packen, legen andere wiederum nur Kleinigkeiten hinein. In erster Linie kommt es auf die Vermögensverhältnisse und die Einstellung der Eltern an. Im Schnitt kostet die leere Schultüte zwischen 10 und 50 Euro. Laut einer Erhebung von Statista werden für die Füllung noch einmal circa 60 Euro ausgegeben. Die Kosten für eine Schultüte unterscheiden sich auch von Bundesland zu Bundesland. Eltern aus Thüringen geben der Studie zufolge am meisten Geld für die Schultüte aus, durchschnittlich 80 Euro. Bayern und Baden-Württemberg liegen bei 66 Euro und am wenigsten geben die Eltern in Hamburg mit 35 Euro aus.
Schulbeginn: andere Länder, andere Sitten
Schultüten in der Form wie ihr sie kennt, gibt es nur in Deutschland und in Österreich. In anderen Ländern hingegen gibt es andere Bräuche. Einige Beispiele hierfür sind:
Italien
Am ersten Schultag gibt es kleine Kennenlernspiele in der Klasse. Zum Schluss machen die Lehrer Fotos von den Kindern und versprechen Ihnen, dass diese am nächsten Tag mit ihrem Namen in der Klasse aufgehängt werden.
Spanien
Da Spaniens Kinder bereits mit 3 Jahren in eine Vorschule gehen, ist der eigentliche erste Schultag nichts Besonderes mehr. Allerdings gibt es in einigen Gemeinden und Städten ein kleines Theater, das die Erstklässler besuchen können.
Großbritannien
Die kleinen Engländer in ihren Uniformen kommen bereits mit fünf Jahren in die Schule, oftmals sind sie auch erst vier Jahre alt. Eine Feier zur Einschulung gibt es nicht. In einigen Gebieten Großbritanniens besuchen jedoch die Lehrer die Familien vor der Einschulung.
Japan
In dem Jahr, in dem die Kinder 6 Jahre alt werden, beginnt im April das erste Schuljahr. Alle Schüler tragen Uniformen. Am ersten Tag findet eine Zeremonie statt und anschließend gehen Eltern und Schüler wieder nach Hause. Nur an diesem Tag dürfen die Eltern die Kinder in die Schule bringen. Ab dem zweiten Tag müssen die Kinder alleine in die Schule gehen. Grundsätzlich sind zahlreiche Regeln in Japans Schulen für uns Deutsche mitunter etwas seltsam, wie der Blick auf das folgende Video zeigt:
Ukraine
Am 1. September werden die Kinder in der Ukraine eingeschult. Es gibt eine große Schulfeier und jeder Schüler überreicht seiner Lehrkraft einen Blumenstrauß. Auf einer Bühne singen und tanzen die Schüler. Die Lehrer wiederum beschenken die Eltern mit Kleinigkeiten.
Russland
Die Einschulung in Russland erfolgt ebenfalls jedes Jahr am 1. September. Vor Schulbeginn wird ein Erstklässler von einem Schüler aus der elften Klasse auf die Schulter genommen und der Erstklässler läutet mit einer Glocke in der Hand die sogenannte erste Klingel des Schuljahres. Wie in der Ukraine überreicht auch in Russland jeder Schüler seiner Lehrkraft einen Blumenstrauß.
Südafrika
Für Schüler besteht die Pflicht zum Tragen einer Uniform. Eine Schulfeier gibt es nicht, dafür ist der Kauf der Uniform in einer weiter entlegenen Stadt für die Eltern ein kleines Ritual.
Indien
Auch in Indien ist das Tragen einer Schuluniform Pflicht, Kinder kommen schon mit 4 Jahren in die Schule. Die Familie isst vor der Einschulung einen speziellen Joghurt, der Glück bringen soll. Oft bekommen Mädchen den roten Punkt als Segnung auf die Stirn gemalt.
Brasilien
In Brasilien gibt es große Unterschiede zwischen den Städten und den ärmeren ländlichen Gebieten. Die Einschulung der brasilianischen Kinder ist erst mit 7 Jahren. Auch hier ist der Einkauf der Schuluniform ein feierliches Ritual. Nur in den Städten findet am ersten Schultag eine feierliche Begrüßung der Schüler statt.
Deutschland ist Schultüten-Land
Tatsache ist, Schultüten gehören in Deutschland zum ersten Schultag. Was in den vergangenen 200 Jahren kontinuierlich praktiziert wurde, lässt sich nicht so einfach wegdenken. Warum auch sollten unsere Kinder auf die geliebten Schultüten verzichten?
Bestimmte Bräuche oder Rituale sollte die Gesellschaft einfach beibehalten, denn sie gehören zu unserer Identität. Die Volkskundlerin Christiane Cantauw, Forscherin des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe, ist der Meinung, dass die Aufwendungen für den ersten Schultag als bedeutendes Übergangsritual gesehen werden. Schule wird als Eintritt in ein besseres Leben gesehen und nicht mehr als lästige Pflicht. Die Schultüte ist hierfür das Symbol.